Fernsprechen

Telefonie bis 1900

Die ersten Telefone übertrugen die menschliche Stimme auf mechanischem Wege, indem zwei röhrenförmige Behälter, die auf jeweils einer Seite mit einer beweglichen Membran abgeschlossen waren, mit einem Draht verbunden wurden. Um 1800 wurde diese Kommunikationsform zu einer öffentlichen Attraktion. Eine in ganz Europa beliebte Attraktion war die „unsichtbare Frau”, die ihr gestellte Fragen über eine Metallkugel beantwortete, die mit vier Sprachröhren ausgestattet war. Während des ersten Viertels des 19. Jahrhunderts, als sich Erfolge bei der Nutzung der Elektrizität für die Telegrafie einstellten, versuchte man auch die Sprachübertragung mittels Elektrizität zu bewerkstelligen. 1837 führte Charles Grafton Page (1812–1868) in Baltimore erste Versuche mit einem elektromagnetischen Telefon durch. Philipp Reis (1834–1874) führte diese Experimente fort und konnte 1860 den ersten Apparat vorstellen, der Töne und Wörter über etwa 100m übertrug. Seine verschiedenen Konstruktionen, die einen bedeutenden Beitrag in der Entwicklung des Telefons geleistet haben, erzielten keinen kommerziellen Erfolg, da sie im Vergleich zur Telegrafie geringe Reichweiten erreichten und als Spielerei abgetan wurden.

Erfolgreich war hingegen Alexander Graham Bell (1847–1922), der 1875 den elektromagnetischen Schallwandler erfand und 1876 das erste funktionsfähige Telefon vorstellte, über das er Sprache bereits 3km weit übertragen konnte. Ein Jahr später waren es schon 30km. Doch auch seiner Idee wurde anfangs keine Beachtung beigemessen, insbesondere weil Telegrafisten um ihre Anstellung und Telegrafenunternehmen um ihren Absatz fürchteten. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten konnten die Vorteile der Telefonie jedoch nicht ignoriert werden: leichte Bedienung, Kosteneffizienz und Nachrichtenübermittlung in Echtzeit. Nachdem Bell das Telefon 1877 der Öffentlichkeit vorstellte, gelangten zwei Exemplare nach Deutschland, wo auch das Potenzial des Fernsprechens erkannt wurde. 1878 wurde das erste öffentliche Telefonnetz der Welt in New Haven (USA) mit 21 Teilnehmern eröffnet. Im April 1881 wurde das erste deutsche Telefonnetz eröffnet; die anfängliche Zahl von 48 Teilnehmern wuchs bis zum Ende des Jahres auf 458.

Telefonie ab der Jahrhundertwende

Die Telefonie um die Jahrhundertwende zeichnete sich vor allem durch die Handvermittlung über das „Fräulein vom Amt” und den Kurbelinduktor aus. Mit der allgemeinen Akzeptanz der Bevölkerung und der dadurch rasch steigenden Zahl an Teilnehmern enstand ein Gewirr von Freileitungen auf den Dächern der Stadt, die im Übrigen sehr witterungsanfällig waren. 1886 gab es bereits 14700 Abonnements in Deutschland. Daher musste man um 1900 schließlich die Leitungen unter die Erde verlegen, was jedoch zu einer Signaldämpfung führte. Außerdem gab es nur Ortsnetze, da die Deutlichkeit der Sprache bei größeren Entfernungen litt. Anders als bei der digitalen Telegrafie, bei der durch das Relais das Signal verstärkt werden konnte, fehlte in der analogen Telefonie ein Element, das die Leitungsverluste kompensieren konnte. Der Telefonweitverkehr wurde daher vor allem durch die Technik räumlich begrenzt. Durch die höhere Empfindlichkeit des Kohlemikrofons von David Edward Hughes (1831–1900) konnten zunächst größere Entfernungen überwunden werden, doch Transatlantikverbindungen waren erst mit der Technik von Michael J. Pupin (1858–1935) möglich. Er erfand um 1900 ein Kabel, in dem Spulen, die in regelmäßigen Abständen eingebaut wurden, um die Leitungskapazität zu kompensieren. Ein regelmäßiger Telefonverkehr zwischen den USA und Europa konnte erst 1956 gewährleistet werden.

Neben der begrenzten Entfernung stellte um 1900 die aufwändige Handvermittlung ein Problem dar, vor allem weil die Anzahl der zu vermittelnden Telefonate stetig wuchs. Den Weg zu einem automatischen Wählsystem beschritt Almon B. Strowger (1838–1902).

vgl. Kloss, Albert: Von der Electricität zur Elektrizität. Ein Streifzug durch die Geschichte der Elektrotechnik, Elektroenergetik und Elektronik. Basel/ Boston/Stuttgart 1987; Domschke, Jan-Peter: Ströme verbinden die Welt. Telegraphie – Telefonie – Telekommunikation. Stuttgart/Leipzig 1997 (= Einblicke in die Wissenschaft).

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