Schreibtelegraf (Steinheil)

Kategorie: Elektrische Telegrafie | Ausgestellt in Vitrine 2: Telegrafie 1

Schreibtelegraf nach Steinheil Technische Zeichnung

Jahr: 1836
Erfinder: Carl August von Steinheil

\tAlle bisherigen Telegrafen hatten den entscheidenden Nachteil, dass die übermittelten Nachrichten nicht schriftlich fixiert wurden. Das sollte sich mit der Erfindung Steinheils ändern. Karl August von Steinheil (1801–1870) hatte persönlichen Kontakt zu Gauß und Weber; 1835 besuchte er die beiden Wissenschaftler in Göttingen. Sein Telegraf beruhte auf dem gleichen Grundprinzip wie der elektromagnetische Telegraf Webers und Gauß'. Konkret bestand der Telegraf aus Sendergerät, Leitungen und dem „Zeichengeber“. Über vier Stationen waren Sender und Empfänger mittels Hin- und Rückleiter miteinander verbunden. Die Drähte wurden auch hier – wie schon bei Gauß und Weber – über die Türme der Stadt gespannt, insgesamt verwendete Steinheil knapp über 10 km Kupferdraht.

Funktionsweise

Statt eines Induktors verwendete er einen Rotationsapparat und als Zeichengeber kleine Magnetstäbchen in starken Multiplikatoren, die bei einem ankommenden Signal an Glocken schlugen. Je nach der Polarität des Stromstoßes schlug das Magnetstäbchen entweder an die höher- oder tieferklingende Glocke.

Zusätzlich wurden kleine schwarze Punkte auf einem bewegten Papierband abgedruckt. Dies konnte erreicht werden, da in einer gemeinsamen Multiplikatorspule zwei Magnetstäbchen nebeneinander angeordnet waren und zwar so, dass der Nordpol des einen dem Südpol des anderen gegenüberlag. An den beiden sich zugedrehten Polen war je ein dünnes Messingärmchen geschraubt. Diese hatten kleine Gefäßchen an ihren Enden, die mit schwarzer Ölfarbe gefüllt waren. Die Gefäßchen gingen in Schnäbel über, die mit kleinen Bohrungen versehen waren. Diese beiden Apparaturen befanden sich nebeneinander, sodass das eine Gefäß einen Punkt auf der oberen Hälfte des Papierbandes machte, und das andere einen Punkt auf der unteren Hälfte. Die höheren Punkte korrespondierten mit dem höheren Glockengeläut, die unteren Punkte mit der tieferen Glocke.

Wirkung

1837 errichtete er in München eine erste Leitung über 5 km und führte sein Gerät öffentlich vor. Ein Jahr später versuchte er Eisenbahnschienen als Hin- und Rückleitung einer Telegrafenlinie zu benutzen, scheiterte allerdings. Dennoch war dieses Experiment fruchtbar, denn er erkannte auf diese Weise, dass man die Erde als Rückleitung benutzen konnte. Dadurch konnte der Materialaufwand für die Errichtung von Telegrafenleitungen nahezu halbiert werden und ebnete so den Weg für die schnelle weltweite Einführung des elektrischen Telegrafen. Anders erging es da allerdings Steinheils Telegrafen, denn dieser fand keine andauernde Verwendung in der Praxis.

vgl. Aschoff, Volker: Geschichte der Nachrichtentechnik. Band 2: Nachrichtentechnische Entwicklungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Berlin 1995, S. 75–77 und 114–129.