Optische Telegrafie in Frankreich

Kategorie: Nichtelektrische Nachrichtentechnik | Ausgestellt in Vitrine 1: Nichtelektrische Nachrichtentechnik

obj010101 Modell des Chappeschen Telegrafen Schematische Darstellung: Optisches Telegrafennetz in Frankreich

Jahr: 1793–1852

Historischer Kontext

Die Kämpfe, die während der Französischen Revolution in ganz Frankreich stattfanden und die Gefahr für Frankreich, die durch Österreich, Preußen, dem Deutschen Reich, Großbritannien und anderen, benachbarten Staaten bestand, machte die Nachrichtenübertragung durch den optischen Telegrafen für die politische Zentrale in Paris sehr interessant. So wurde Claude Chappes (geb. 1763) Vorschlag auf der „Gesetzgebenden Versammlung“ 1792 ohne große Verzögerung umgesetzt und schon im Sommer 1794 wurden 23 Stationen, die künftig Paris mit Lille (212 km) verbinden sollten, in Betrieb genommen. Bis etwa in die 1840er Jahre wurde ein umfangreiches Netz aus Telegrafen in Frankreich ausgebaut.

Funktionsweise

Eine Telegrafenstation bestand aus einem Stationsgebäude, auf dessen Dach ein Mast mit einem waagerechten Balken installiert war. An diesem Balken war an den Enden wiederum je ein Flügel befestigt. Sowohl Balken als auch die beiden Flügel waren drehbar. In dem Gebäude befand sich ein Telegrafist, der durch Kurbeln, Rollen und Seilzüge Balken und Flügel bewegen konnte. Durch die Drehung des Balkens waren vier Stellungen möglich, durch die Drehungen der beiden Flügel insgesamt sieben Stellungen, woraus sich 196 mögliche Figuren ergaben.

Für die Nachrichtenübertragung reichten 92 Figuren. Jeder Telegrafist hatte ein Codebuch, in dem jede der 92 Figuren eine eigene Seite besaß, die wiederum 92 Zeilen hatte. So hatte man die Möglichkeit, häufige Phrasen und Redewendungen durch wenige aufeinanderfolgende Figureneinstellungen zu übermitteln. Ebenso wurden Zahlen übertragen, die auf die Seite, Spalte und Zeile des Codebuchs hinwiesen. Eine buchstabenweise Übertragung einer Nachricht war unüblich.

Die Telegrafisten beobachteten die Figuren auf den Dächern mit Fernrohren und drehten selbst an ihren Balken und Flügeln. Der letzte Empfänger schlug die Bedeutung in seinem Codebuch nach und reichte die Nachricht weiter. Die Signallaufzeit von Sender zu Empfänger hing von vielerlei Faktoren ab: von der Anzahl der Zwischenstationen, der Aufmerksamkeit der Telegrafisten, den Wetterbedingungen. Ein Text von 30 Wörtern benötigte von Lille bis Paris etwa eine Stunde. Eine berittene Botenstafette hätte dafür 24 Stunden gebraucht.

Als allerdings die elektrische Telegrafie aufkam, verschwand die optische, da sie zu wetterabhängig war und nur bei Tageslicht verwendet werden konnte. Selbst bei den klimatischen Verhältnissen in Frankreich betrug die tägliche Betriebszeit lediglich sechs Stunden.

vgl. Aschoff, Volker: Aus der Geschichte der Nachrichtentechnik. Opladen 1974 (= Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften. Natur- Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Vorträge 244), S. 22f.